Schon im vorangegangenen Kapitel Verben waren ja kurze ganze Sätze vorgekommen, allerdings mit zwei Einschränkungen:
Es waren alles Sätze, die nur mit Personen zu tun hatten, nicht mit Dingen oder abstrakten Begriffen.
Die Beteiligten waren alle als bekannt vorausgesetzt, so dass für sie Pronomen wie „ich“, „er“, „euch“ verwendet werden konnten. Man braucht aber auch Möglichkeiten, jemanden neu zum Inhalt eines Satzes zu machen, indem man ihn mit Namen nennt oder durch ein Substantiv bezeichnet.
Die Beschränkung auf Personen lassen wir vorerst noch bestehen, weil die Subjekt- und Objektvorsilben für Sachen andere sind als für Personen, und alles auf einmal wäre zu kompliziert. In Liedern ist ja meist eher von Personen die Rede, obwohl man andere Wörter natürlich auch braucht.
Die zweite Einschränkung fällt jetzt weg, indem wir Substantive für Personen einführen. Weil ein Substantiv allein oft nicht genau genug ist, nehmen wir gleich noch Possessivpronomen (mein, dein, …) mit dazu. Namen von Personen werden ganz genauso behandelt wie im Deutschen: sie können anstelle anderer Substantive verwendet werden.
Die Eigenheit von Swahili, überall dort Wortanfänge zu haben, wofür im Deutschen Wortendungen stehen, gilt genauso für Substantive. Die werden aber nicht durch so viele Formen gejagt wie die Verben, vielmehr ist die Bildung der Mehrzahl die einzige Veränderung am Wort – die aber erfolgt dadurch, dass ein Wortanfang durch einen anderen ersetzt wird. Dafür gibt es ein paar feste Muster, die wir nicht alle lernen müssen.
Ein häufiges solches Muster bei Wörtern für Personen ist die Ersetzung des Wortanfangs m- am Einzahlwort durch wa- für die Mehrzahl dazu, so wie gleich im ersten Beispiel unten. Auch bei mwana ist das so: es sieht zwar so aus, als sei in der Mehrzahl einfach das m- weggefallen. Das täuscht aber: vor Vokal wird die Vorsilbe m- immer zu mw- (wie ja bei Verbformen auch), und oft wird das -a- von wa- mit dem nachfolgenden Vokal zusammengezogen. Durch diese beiden Effekte wird m·ana → mwana in der Mehrzahl zu wa·ana → wana, aber das w- ist nicht einfach von der Einzahl übriggeblieben.
Es gibt in Swahili ganz wenige Substantive für Personen nur eines bestimmten Geschlechts; in der Liste unten sind das nur mama, baba und bwana. Geht es um Berufe, Tätigkeiten, Eigenschaften oder Rollen, so sind immer alle Menschen gemeint, für die das zutrifft, egal ob Mann oder Frau. Deswegen stehen in der Tabelle nur die Formen ohne -in, wie sie auch im Deutschen sehr oft geschlechtsunabhängig gebraucht werden. Wem das missfällt, möge sich überall -/in dazudenken.
Einzahl | Mehrzahl | Bedeutung |
---|---|---|
mtu | watu | Person, jemand, Mensch |
baba | baba | Vater |
mama | mama | Mutter |
mtoto | watoto | Kind |
ndugu | ndugu | Bruder, Schwester, Geschwister |
mwana | wana | Sohn, Tochter |
Mungu | Gott | |
bwana | mabwana | Herr |
mwokozi | waokozi | Retter |
rafiki | rafiki | Freund |
mwalimu | walimu | Lehrer, Ausbilder |
kiongozi | viongozi | Anführer, Dirigent, Vorsänger |
mwimbaji | waimbaji | Sänger |
mwalimu wa kwaya | walimu wa kwaya | Chorleiter |
Damit können wir schon einfache Sätze bauen. Sind Subjekt und Objekt aus dem Zusammenhang bekannt, braucht man sie nicht anzugeben – wie im ersten Beispielsatz, der wie im letzten Kapitel aufgebaut ist. Will man sie erwähnen, kommt das Subjekt vor das Verb oder das Objekt dahinter oder beides. Das Verb behält dabei die Subjektsilbe am Anfang; dagegen wird die Objektsilbe im Verb nur verwendet, wenn das Objekt jemand Bestimmtes ist, wenn also im Deutschen ein bestimmter Artikel stünde:
Anawasaidia. | Er hilft ihnen. |
Mwalimu anawasaidia. | Der Lehrer hilft ihnen. |
Anawasaidia watoto. | Er hilft den Kindern. |
Mwalimu anawasaidia watoto. | Der Lehrer hilft den Kindern. |
Mwalimu anasaidia watoto. | Der Lehrer hilft Kindern. |
Mtu ametuona. | Jemand hat uns gesehen. |
Unaona mtu? | Siehst du jemanden? |
Ninaona mtu. | Ich sehe jemanden. |
Sioni mtu. | Ich sehe niemanden. |
Wie gesagt, der Lehrer in den ersten fünf Sätzen kann eine Frau oder ein Mann sein; das kann man in der Grammatik nicht unterscheiden.
Der Ausdruck mwalimu wa kwaya bedeutet „Lehrer/Ausbilder eines/des Chores“ oder „… von einem Chor“. Das Swahili-Wort für „von“ ist immer ein einsilbiges Wort mit -a am Ende. Davon gibt es neun (nämlich: wa, ya, la, cha, vya, za, kwa, pa, mwa) je nach dem voranstehenden Wort. Umgekehrt haben fast alle so gebauten Wörter die Bedeutung „von“, außer kwa (für, bei, mittels) und na (und, mit). Da wir nur Sätze verstehen, aber keine selbst formulieren wollen, brauchen wir die neun Formen nicht auseinanderzuhalten. Trotzdem kurz die Regel: Solange es nur um Personen geht, ist das Wort für „von“ meistens wa, manchmal aber in der Einzahl ya und in der Mehrzahl za, vor allem wenn das Substantiv vor „von“ in Einzahl und Mehrzahl gleich aussieht (z. B. baba, rafiki). Die anderen sechs Wörter für „von“ gibts nur im Zusammenhang mit Sachen oder abstrakten Begriffen.
Die Verbindung des Wortes für „von“ mit Personalpronomen (von mir / dir / …) ergibt dann die Possessivpronomen (mein / dein / …). Die haben immer denselben Anfangsbuchstaben wie das Wort für „von“; danach kommt, zu wem jemand oder etwas gehört:
-a (von …) | -angu (mein-) | -ako (dein-) | -ake (sein-/ihr-) |
-etu (unser-) | -enu (euer-) | -ao (ihr-) | -ote (alle) |
Die folgenden Beispiele erklären das hoffentlich besser als dürre Worte.
mtoto wa Yohane | Kind von Johannes |
watoto wa Yohane | Kinder von Johannes |
baba ya Yohane | Vater von Johannes |
ndugu za Yohane | Geschwister von Johannes |
mama ya mwimbaji | Mutter eines/des Sängers |
mtoto wangu | mein Kind |
mwana wake | sein/ihr Sohn |
bwana wetu | unser Herr |
rafiki zenu | eure Freunde |
kiongozi wetu | unser Anführer |
wote | alle |
watoto wote | alle Kinder |