Lochhausener Singkreis
Swahili: Verben
2024-09-25

Eine Schwierigkeit beim Singen von Liedern in Swahili sind die mitunter recht langen Wörter aus vielen kurzen Silben, die man schnell erfassen muss, besonders wenn sie nicht silbenweise unter den Noten stehen. Meist sind das Formen von Tätigkeitswörtern (Verben), in die viel Information hineingepackt ist, die in anderen Sprachen separate Wörter gewesen wären. Wenn man einmal gesehen hat, wie sie zusammengesetzt sind, kann man sie sich vielleicht leichter merken, auch ohne dass man die Regeln vollständig lernt.

Ist das schwierig?

Die Verbformen in Swahili werden aus einem Baukasten kleiner Silben zusammengesetzt. Schwierig ist, dass so viele Teile im Baukasten sind und dass die verschiedenen Teile manchmal verschieden zusammengebaut werden müssen, damit sie zusammenpassen. Leicht ist, dass das für alle Verben gleich ist: verschiedene Konjugationen oder unregelmäßige Verben gibts nicht. Viel leichter als Deutsch oder Französisch ist es allemal.

Jetzt geht’s los

Die Grundform des Verbs allein ist meist ein- bis dreisilbig und endet mit -a, wenn es kein Fremdwort ist. Dann treten aber praktisch immer Vorsilben dazu und gelegentlich auch zusätzliche Endungen, so dass die ganzen Wörter oft vielsilbig werden:

Die Grundformen der Verben in den Beispielen sind:

Zwei dieser Wörter sind das Passiv des vorangegangenen Wortes. Der Strich vor jedem Wort deutet an, dass da noch die Vorsilben fehlen.

Der Infinitiv wird mit ku- oder kw- gebildet: kuimba heißt also „das Singen“ oder „zu singen“. Steht in der Liste oben bei einem Verb ku oder kw vor dem Verbstamm, so heißt das, dass bei diesen Verben in manchen Formen vor dem Verbstamm das ku- oder kw- des Infinitivs eingefügt wird – die genaue Regel dazu lernen wir jetzt aber nicht.

In den Tabellen mit Beispielen werden die Verbformen mit einem Punkt in halber Höhe in die Teile gegliedert, aus denen das Wort aufgebaut ist, die „Morpheme“. Am Wortanfang sind dabei die Morphemgrenzen oft, aber nicht immer, auch Silbengrenzen. In der allerersten Tabelle stehen zwei Übersetzungen: zuerst Stück für Stück jedes Morphem in ein Wort, danach der Sinn. Diese Stück-für-Stück-Übersetzung sparen wir uns danach.

Bitten und Wünsche

Bitten und Wünsche haben relativ einfache Verbformen. Am Anfang stehen Subjekt und gegebenenfalls Objekt.

Subj. ni- (ich)u- (du)a- (er/sie) tu- (wir)m- (ihr)wa- (sie)
Obj. ni- (mich)ku- (dich)m- (ihn/sie) tu- (uns)wa- (euch)wa- (sie)

Eine Vorsilbe m- wird in beiden Bedeutungen („ihr“ und „ihn/sie“) durch mw- ersetzt, wenn ein Vokal folgt. Das mw- bildet dann zusammen mit dem Vokal nur eine Silbe: tu-i-mbe, aber mwi-mbe mit einer Silbe weniger.

Am Ende steht das Verb, bei dem die Endung -a durch -e ersetzt ist. Dieses -e wird in der Stück-für-Stück-Übersetzung mit „sollte“ (im Sinne von „es sollte/möge geschehen“) wiedergegeben. – Eine Verneinung wird durch eine zusätzliche Silbe si- nach dem Subjekt, also vor Objekt oder Verbstamm, ausgedrückt.

tu·imb·ewir singen solltensingen wir!
mw·imb·eihr singen solltetsingt!
u·ni·saidi·edu mir helfen solltesthilf mir!
a·j·eer/sie kommen solltemöge er/sie kommen!
tw·end·e¹wir gehen solltengehen wir!
tu·m·tukuz·ewir ihn/sie ehren solltenehren wir ihn/sie!
a·tukuz·w·eer/sie geehrt werden sollteer/sie werde geehrt!
u·ka·edu bleiben solltestbleib! setz dich!
u·tu·p·e …du uns geben solltest …gib uns … !
u·tu·oko·edu uns retten solltestrette uns!
m·si·ogop·eihr nicht euch-fürchten solltetfürchtet euch nicht!

¹) tw- statt tu- vor Vokal ist eine Ausnahme bei wenigen Wörtern.

Bei Bitten kann man auch auf die Subjektsilbe verzichten; das sind dann eher Befehle oder sehr dringende Bitten. Wenn sie sich an mehrere Personen richten, wird oft die Silbe -ni angehängt.

Aussagesätze

Für Aussagesätze in der Gegenwart fügt man eine der Zeitsilben na- (jetzt – wie im Englischen „is doing“) oder a- (ständig – wie im Englischen „does“) nach dem Subjekt ein. Verneint werden beide gleich: durch eine Silbe ha- ganz am Wortanfang, keine Zeitsilbe und Abändern des Wortendes von -a auf -i. Diese Silben a- und ha- verschmelzen dabei oft mit der Subjektsilbe zu einer:

jetzt ni·na- (ich)u·na- (du)a·na- (er/sie) tu·na- (wir)m·na- (ihr)wa·na- (sie)
ständig n·a- (ich)w·a- (du)a- (er/sie) tw·a- (wir)mw·a- (ihr)w·a- (sie)
nicht si- (ich)h·u- (du)h·a- (er/sie) ha·tu- (wir)ha·m- (ihr)ha·wa- (sie)

Vergangenheit und Zukunft ohne Verneinung werden gebildet, indem die Silbe na- der Gegenwart durch li- = Präteritum (Erzähl-Vergangenheit), me- = Perfekt (Vergangenheit, noch aktuell) oder ta- = Zukunft ersetzt wird. Verneinungen dazu gibts auch; die lassen wir hier aber weg.

tu·na·imb·awir singen (jetzt)
tw·a·imb·awir singen (ständig, immer wieder)
ha·tu·imb·iwir singen nicht
tu·me·imb·awir haben gesungen (jetzt eben)
tu·li·imb·awir sangen (irgendwann früher)
tu·ta·imb·awir werden singen
tw·a·pend·a  ku·imb·awir lieben zu singen; wir singen gern
n·a·ku·pend·aich liebe dich (ständig)
w·a·ni·pend·adu liebst mich; sie lieben mich (ständig)
u·me·ni·saidi·adu hast mir geholfen (mit Wirkung für jetzt)
u·li·ni·saidi·adu halfest mir (irgendwann früher)
m·na·ni·saidi·aihr helft mir
tu·na·ku·j·awir kommen
tu·me·m·tukuz·awir haben ihn/sie geehrt
a·me·tukuz·w·aer/sie ist geehrt worden
u·me·ka·adu bist geblieben; du hast dich gesetzt
a·na·tu·p·a …er/sie gibt uns …
ni·na·mw·oko·aich rette ihn/sie
m·me·tu·oko·aihr habt uns gerettet
tu·me·oko·lew·awir sind gerettet worden
ha·mw·ogop·iihr fürchtet euch nicht
si·ogop·iich fürchte mich nicht
ha·wa·wez·i  ku·m·saidi·asie können ihm/ihr nicht helfen

Weitere Zeiten, Verneinung

Wir haben oben nach der Wunsch- und Befehlsform noch fünf Zeiten beschrieben sowie kurz auch die gemeinsame Verneinung der beiden Gegenwartsformen, also sieben von insgesamt etwa zwanzig Kombinationen von Vorsilben – Subjekt- und Objektsilbe dabei nicht mitgezählt. Da gibt es noch relative Zeiten (Bedeutung: „gleichzeitig“, „daraufhin“), Konjunktive („täte“, „hätte getan“) und manches andere. Was hier beschrieben ist, ist das, was in Liedern so oft vorkommt, dass man es sich merken sollte. Eine vollständige Liste der Formen findet man in der Swahili-Fibel. Nicht unbedingt zum Lernen, sondern um auch einmal eine rätselhafte Verbform entschlüsseln zu können.

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